DIE FLIEGE

Versunken im Ohrensessel saß ich in einer fast liegenden Position und las ein Buch, ziemlich dick, Fantasy. Nichts lenkte mich von der spannenden Handlung ab, kein tropfender Wasserhahn und auch kein unsortiertes Herumpoltern der Nachbarn.

Während ich mich immer tiefer in die Lektüre vergrub, machte meine periphere Wahrnehmung ein unangenehm brummendes Geräusch am halboffenen Fenster aus und schickte den Scan prompt an das aktuelle Verarbeitungszentrum der kreativen Hirnhälfte. Das lenkte mich augenblicklich von der aktionsreichen Handlung ab.

Mein Kopf ruckte hoch und in Richtung Geräusch, eine Fliege. Natürlich, was sonst.
Sie war eine von den Halbstarken, die man nur äußerst schwer zu fassen bekam; vorwitzig, flugtechnisch überaus begabt und widerlich unnachgiebig, wenn es darum ging, auf meiner nackten Haut herumzurüsseln.
Ich stand nahe vor dem Wahnsinn. Mit einer Zeitung wischte ich ungelenk hinter ihr her, während sie mir in einem pirouettenhaft geschraubten Salto ihr schwarzbehaartes Heck zeigte. Miststück!

Es wurde Zeit, härtere Geschütze aufzufahren. Ich nahm mir ein Gummiband aus dem Nähkästchen und die Verfolgung auf, quer durch das Zimmer, und eine Spur der Verwüstung hinterlassend.
Die Fliege ihrerseits putzte sich überkopf an der Decke zwischendurch ihre Flügel und schien desinteressiert. Ich nutzte den schwachen Moment und legte unverzüglich auf sie an.
Leider kam mir der Tisch in die Quere. Gerade als ich das Gummi flutschen lassen wollte, stolperte ich über die Tischkante und schlug der Länge nach hin, Bein gebrochen, Krankenhaus...

In sanften Kurven summt die Fliege jetzt durch die leere Wohnung. Niemand hört sie, keiner stört sie...